Inflation und Zinsen: Aktuelle Entwicklungen

Wie beurteilen Sie das Risiko für Inflation und Zinsen, vor allem vor dem Hintergrund der militärischen Eskalation im Mittleren Osten?

Der Trend für die Inflation läuft sowohl in den USA als auch in der Eurozone in Richtung Entspannung, insofern hegen die Märkte die Erwartung, dass wir den Zinsgipfel erreicht haben oder ihm doch sehr nahe sind. Dennoch hat der Chef der US Notenbank, Powell, zuletzt betont, dass Hoffnungen auf eine baldige Zinssenkung überzogen sind, er hält die aktuelle Geldpolitik durchaus für angemessen. Der Konflikt im Nahen Osten sollte, wenn er sich nicht ausweitet, das Basisszenario nicht bedrohen. Im Fall einer Eskalation (die natürlich vor allem humanitär eine Katastrophe wäre) würde er Ölpreis wohl deutlich über 100 $ steigen, damit entsteht neuer Druck auf die Inflation (s. Frage 2). Einige Analysten sind auch der Meinung, der Markt würde die Auswirkungen der steigenden Rüstungsausgaben auf die Inflation unterschätzen.

Der Ölpreis hat zuletzt wieder deutlich angezogen, auch hier spielte der Angriff der Hamas eine Rolle. Was heißt das für den privaten Konsum und für die Fluglinien?

Die Anstiege im Ölpreis im Zuge des Gewaltausbruchs im Mittleren Osten sind zwar markant, dennoch bleibt die Preisspanne noch relativ deutlich unter 100 $. Bei einer Konfliktausweitung wäre natürlich von noch massiveren Anstiegen auszugehen, insofern bleibt die Marktlage diesbezüglich weiter angespannt. Der private Konsum, vor allem in der Auto-Nation USA, hängt sehr wohl stark mit dem Ölpreis zusammen. Speziell die unteren Einkommensschichten haben wenig Reserven und müssten ihren Konsum einschränken, wenn Tanken wieder deutlich teurer wird. Die Fluglinien sind hier auch betroffen. Sie hedgen ihre Kerosinkosten zwar ab, aber das geht niemals zur Gänze. Außerdem leiden einige Anbieter unter den gestrichenen Flügen nach Israel.

Der Markt für Gewerbeimmobilien leidet massiv unter den steigenden Zinsen … können Sie hier etwas spezifisch zur Situation bei Hotels im Vergleich zu Büro und Handel sagen?

Die halbjährliche Umfrage der US Notenbank ergab, dass die Sorgen der Marktteilnehmer einerseits auf die anhaltend hohen Zinsen gerichtet sind („higher for longer“), dass gleich danach aber die möglichen Ausfälle bei Gewerbeimmobilien kommen. Die Analysefirma CoStar führt aus, dass sich die Renditen im Europäischen Hotel-Segment widerstandsfähiger gegen den Inflationsdruck gezeigt haben als andere Teilbereiche, wie Büros oder Einzelhandel. Im Top-Segment gebe der Ausblick durchaus Anlass zu Optimismus, außerdem sollte die weitere Entspannung bei der Inflation für Rückenwind sorgen. Ergänzend sei hier gesagt, dass die EZB im Euroraum für heuer eine Inflationsrate von 5,6% erwartet, 2024 sollte diese dann bei 3,2% zu liegen kommen. Die Durchschnittsrate 2022 belief sich auf 8,4%, somit ergibt sich in zwei Jahren mehr als eine Halbierung.

Nach oben scrollen