• Telekonferenzen werden Geschäftsreisen nicht völlig verdrängen, aber sicher ergänzen
• Kongresse als Ertragsbringer für Hotels werden wohl noch länger ausfallen
• „Just in time Räume“ könnten ein Nischenprodukt in der Krise sein
In Zeiten von Corona bedeutet eine Geschäftsreise nicht mehr Flug und Hotel, sondern den Transfer des Laptops vom Schreibtisch zur Couch. Die Global Business Travel Association (GBTA) hat Zahlen erhoben, die eine deutliche Sprache sprechen. In Europa wurden im Zuge der Pandemie über 95% der Geschäftsreisen abgesagt oder verschoben. Gleichzeitig haben drei Viertel der Befragten angegeben, dass sie stattdessen Telekonferenzen und virtuelle Meetings einsetzen.
Interessant ist in dem Zusammenhang auch die Tatsache, dass mehr als 60% der von der GBTA Befragten angaben, die Corona Krise würde zu einer dauerhaften Veränderung ihrer Geschäftsgebarung führen. Im Klartext: Selbst wenn Geschäftsreisen wieder möglich sind, plant man, diese teilweise durch virtuelle Meetings zu ersetzen. Dabei geht es natürlich um die Kosten, aber auch um den Klimawandel. Kein Unternehmen kann es sich heute mehr leisten, das Thema Nachhaltigkeit zu ignorieren. Insofern sind Mitarbeiter, die weniger oft durch die Welt fliegen, sondern sich stattdessen virtuell vernetzen, ein wertvoller Beitrag zur Umweltfreundlichkeit.
Das alles bedeutet natürlich nicht, dass Geschäftsreisen völlig aussterben werden. Zu wichtig und unersetzlich ist bei vielen Verhandlungen der persönliche Kontakt, zumal wenn es um Geschäftsanbahnungen geht. Gleichzeitig muss man wahrscheinlich realistisch bleiben. Das Vorkrisen-Niveau wird noch länger unerreichbar bleiben. Der Aufenthalt vieler Menschen in geschlossenen Räumen gilt als einer der zentralen Übertragungswege für das Virus. Damit dürften Großereignisse wie Kongresse wohl nicht so schnell auf die Agenda zurückkehren. Markantes Beispiel in dem Zusammenhang ist der Genfer Autosalon, der heuer im Frühling abgesagt wurde. Ende Juni wurde jetzt auch der Termin im März 2021 gestrichen, das Format steht zum Verkauf.
Für den Tourismus sind das keine guten Nachrichten, denn Geschäftsreisen gelten als wesentlich margenträchtiger als Urlaubsreisen. Dazu kommt, dass große Gruppen, wie sie etwa Kongresse mit sich bringen, die Profitabilität von Hotels entscheidend beeinflussen. Bei Kongressen wird weiter im Voraus gebucht, das erhöht die Planbarkeit. Wie wichtig Kongresse für Hotels sind, zeigt die Tatsache, dass sie in den letzten 5 Jahren in den USA für rund ein Viertel aller Hotelnächtigungen verantwortlich waren. Hotels, namentlich in den Städten, werden bis zu einem gewissen Grad auch umdenken müssen. So könnten z. B. Tagungsräume oder Hotelzimmer, die derzeit nicht gebraucht werden, als kurzfristig buchbare Besprechungszimmer angeboten werden. Die Nachfrage nach solchen „just in time“ Räumen ist laut einigen Consultern sehr wohl gegeben: nämlich durch Unternehmen, die (ebenfalls im Zuge von Corona) ihre Niederlassung in einer Stadt aufgegeben haben, dort aber weiter präsent sein wollen.
Ein Manager von Hilton in den USA sieht trotz alledem erste Silberstreifen am Horizont: „Kleinere Gruppen kommen langsam zurück, z. B. Sportmannschaften oder Hochzeiten. Aber um zum alten Glanz zurückzukehren, brauchen wir ein Medikament oder eine Impfung.“