Ab in die Nische

Wer heute noch im Badezimmer braune Fliesen hat, wird wohl sein Konzept überdenken müssen. Hotel- Experte Martin Schaffer von mrp-hotels weiß auch warum: Am österreichischen Markt haben sich Häuser vom Fünf-Sterne-Palast bis zum adretten Low-Budget- Haus professionell eingefügt. Alteingesessene Familienhotels oder Mittelklasse-Häuser könnten da schnell den Anschluss verpassen. Aber die Freizeitimmobilien-Consulter geben – mit Vorbehalt – Entwarnung: Österreich steht gar nicht so schlecht da. mrp-Manager Schaffer: „Ich würde der These, ob die betroffenen Häuser unter Druck kommen, weitestgehend zustimmen – mit zwei Einschränkungen: Es kommen diese in Bedrängnis, die versäumt haben, ihr Produkt instand zu halten – Stichwort braune Fliesen. Und diejenigen, die moderne Vertriebsinstrumente wie Online Sales, Online Travel Agencies, Revenue und Field Management nicht verstanden haben. Ansonsten glaube ich nicht, dass sich Österreichs mittelständische familiengeführte Hotellerie fürchten muss.“ Ähnlich vorsichtig beurteilt auch Michael Widmann, Geschäftsführer von pkf hotels, die Situation: „Der Verdrängungswettbewerb ist in Wien schon weitgehend abgeschlossen. Es gibt aber nach wie vor einige kleine Familienhotels, die langfristig keine Chance haben werden, sich am Markt zu behaupten.“

Insbesondere bei einer fehlenden Nachfolgeregelung sei hier mit der Umwandlung von Hotelzimmern in Wohnungen zu rechnen. Die Alternative für kleinere Familienbetriebe, so Widmann weiter, ist die Umsetzung einer konsequenten Nischenstrategie mit einer Fokussierung auf bestimmte Zielgruppen: „Nachdem potenzielle Hotelgäste zunehmend individuelle und zum Teil auch ungewöhnliche Hotels bevorzugen, gibt es hier erfolgversprechende Repositionierungs-Rezepte.“

Platz in der Stadt

Otmar Michaeler, CEO der Falkensteiner Michaeler Tourism Group (FMTG), sieht vor allem genügend Platz in der Stadt, um neue und alternative Produkt umzusetzen: „Hier wird sich besonders in den nächsten fünf Jahren viel tun. Der Markt beispielsweise in Wien zeigt das ganz deutlich.“ Aber, so Michaeler, hier sind auch privatgeführte Hotels gefragt, ihr Produkt zu durchleuchten und ihr Konzept zu hinterfragen: „Die Zukunft führt immer mehr in die Richtung der Nischenprodukte. Das Hotel als Alleskönner, das verschiedene Zielgruppen bedienen kann und will, hat ausgedient.“ Man werde Hotels noch klarer positionieren und noch enger an den Bedürfnissen und Wünschen einer klar definierten Zielgruppe ausrichten müssen, um in Zukunft erfolgreich zu sein, ist Michaeler überzeugt. Bei der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV) will man noch mehr differenzieren. Generalsekretär Thomas Reisenzahn sieht die Problematik eher in den touristischen Hotspots wie in erster Linie Wien, Salzburg, Graz und einigen Ferienregionen: „In anderen Destinationen sind es weniger moderne Hotels mit durchdachten Low- Budget-Konzepten und einem zeigemäßen Angebot, sondern in die Jahre gekommene Pensionen, die den Preis nicht halten können und so den Markt zerstören.“ Allen, die den Anschluss an den Markt verloren haben, kann man nur raten, rechtzeitig eine Alternative zur klassischen Hotelnutzung ins Auge zu fassen. Reisenzahn: „Bevor das Objekt substantiell an Wert verliert, weil Investitionen und Instandhaltung sich nicht mehr rechnen und nicht mehr finanziert werden können.“ In vielen Fällen böte sich die Umfunktionierung in ein Mitarbeiterhaus, Jugendstartwohnungen oder auch Seniorenresidenzen als vernünftige Alternative an, weiß der ÖHV-Manager: „Daran besteht in den meisten Regionen mehr Bedarf als an Substandard-Hotelzimmern.“

Kaum Neues, dafür Sanierungen

Was tut sich generell am heimischen Hotelimmobilienmarkt, nachdem große Investments vor allem im vergangenen Jahr und auch heuer schon abgeschlossen wurden? Aktuelle Developments gibt es in Wien unübersehbar vor allem am Hauptbahnhof, aber mrp-hotels-Manager Schaffer weiß auch von einigen kleineren, boutiquemäßigen Projekten in Innenstadtnähe. Am Flughafen soll ebenfalls ein neues Hotel im Bereich Budget- oder Midscale kommen. Schaffer: „Soweit ich weiß, baut das Bristol derzeit Schritt für Schritt um, hier gibt es bereits neue Veranstaltungsräume und Suiten. Auch das Hotel Harmonie wird seinen Umbau abschließen und demnächst im Boutique-Style neu eröffnen.“ Neben laufenden Instandhaltungen – von Teppichen, Betten bis zu Vorhängen – geht es bei Neuerungen vor allem um die Themen Haustechnik, Umbau von Allgemeinflächen und Betriebsgrößenoptimierung, weiß Schaffer. Denn, so der Experte weiter, sowohl aus Gäste- als auch aus Investorensicht wird der Anspruch immer konkreter: „Aus Gästesicht sind ein attraktives, gut instandgehaltenes Produkt, eine funktionierende Technik und die einfache Buchbarkeit ausschlaggebend.“ Die internationalen Ketten – vor allem im Midscale-Bereich – würden immer stärker die Dreifaltigkeit Schlafen – Duschen – Technik kompromisslos in den Mittelpunkt stellen: „Bei den Dienstleistungen werden bei diesen Konzepten immer stärkere Abstriche gemacht.“ Aus Investorensicht ist ein Szenekenner von Interesse: „Ein Betreiber, der sein Geschäft und den jeweiligen Markt versteht, ein dementsprechendes Commitment in Form von Sicherheiten geben kann und der langfristig in der Lage ist, seinen eigenen Gewinn aus dem Hotelbetrieb zu erhöhen, aber auch für die Wertsteigerung der Hotelimmobilie für den Eigentümer mitarbeitet.“

Anlage-Standort Wien

pkf hotels-Geschäftsführer Michael Widmann sieht vor allem in der Hauptstadt einen starken Nachfrageüberhang: „Der österreichische Hotelimmobilienmarkt war bereits in den letzten Jahren von einer starken Nachfrage geprägt. Heuer hat sich dieser Trend – besonders in Wien – nochmals verstärkt.“ In der Hauptstadt gebe es einen massiven Nachfrageüberhang, der sich insbesondere durch potenzielle Käufer aus Osteuropa, zum Teil aber auch aus anderen Regionen auszeichnet. Gründe hierfür sind für Widmann recht vielfältig: Zum einen die Kapitalflucht aus gewissen Ländern, zum anderen die relative Stabilität, die der österreichische Markt verspricht: „Aus Sicht russischer, ukrainischer oder kasachischer Investoren ist Wien neben Genf, Zürich, München, Paris und London einer der Top-6-Anlagestandorte für Hotelimmobilien.“ Um für potenzielle Käufer attraktiv zu sein, sollten Hotels in erster Linie einen exzellenten (Makro- und Mikro-)Standort aufweisen, berichtet Widmann. Darüber hinaus sei eine gewisse Mindestgröße (ab ca. 80 / 100 Zimmer) gewünscht. Und: „Stadthotels sind für viele Investoren interessanter als Ferienhotels. Hotels in Großstädten sind interessanter als Hotels in kleineren Städten.“

Servicierte Ferienimmobilie

Falkeinsteiner-CEO Otmar Michaeler setzt auf die „persönliche Note“: „Hoteliers müssen das Ohr noch näher an den Gästen haben. Gerade die Mischung aus innovativen Produkten, tatsächlich nachgefragten Serviceleistungen und dem traditionellen und sehr persönlichen Gastfreundschaftsverständnis eines Unternehmens sehe ich als entscheidend für eine erfolgreiche Zukunft.“ Einen Trend sieht Michaeler derzeit in servicierten Ferien-Immobilienprojekten: „Hier steckt viel Wachstumspotenzial dahinter.“ Denn Ferienapartments seien in letzter Zeit wieder stärker in den Fokus von Investoren gerückt, vor allem solche, die selbst genutzt, aber auch weitervermietet werden können. Michaeler: „Somit erhält man ein Service-Angebot, und es dient zugleich als Investitionsanlage mit einer reizvollen Rendite durch die Weitervermietung.“ Das zeige aber auch, dass eine Immobilie alleine oft nicht mehr reicht: „Man muss sie um ein interessantes Service- Angebot erweitern“, weiß Michaeler, der überzeugt ist, dass „gute Projekte immer noch Anklang finden.“ Aber: „Es ist wichtig, auch flexible Geschäftsmodelle anzubieten und den Finanzpartnern gegenüber absolut transparent zu sein.“ Der Falkensteiner-Geschäftsführer sieht in Osteuropa einen  „nach wie vor sehr interessanten Markt, da hier im Hotelangebot noch viel Potenzial schlummert.“ Speziell Kroatien bleibt weiterhin ein sehr interessanter touristischer Wachstumsmarkt, auch aufgrund des EU Beitritts. Hier hat sich in den letzten Jahren zwar viel getan, aber das Land hat es noch nicht geschafft, als Ganzjahresdestination aufzutreten, beschreibt Michaeler die Lage: „Darin – und auch in Serbien – sehen wir auf jeden Fall noch Potenzial.“

Das Motel-One-Prinzip

Können stark expandierende Low-Budget-Gruppen wie z. B. Motel One noch in einigen Jahren mithalten? Hotelexperte Widmann: „Gut geführte Budget-Hotelgruppen wie z. B. Motel One legen in der Regel großen Wert auf die Bildung ausreichender Rücklagen für aperiodische Erneuerungsinvestitionen. Damit wird dem Trend zu kürzeren Erneuerungszyklen Rechnung getragen, und es wird verhindert, dass diese Betriebe abgewohnt und veraltet wirken. Wichtig ist, dass Zimmergröße und -layout nachhaltig erfolgversprechend sind – der Austausch des Mobiliars ist im Vergleich dazu leicht und relativ preisgünstig machbar. Und auch Consulter Martin Schaffer macht sich keine Sorgen: „Ketten wie Motel One bestehen auf einer Instandhaltungsreserve, um die Produktattraktivität sicherstellen zu können. Ich sehe da keine Probleme, dass es diese Kette in 15 Jahren nicht auch noch geben wird.“ Und auch Thomas Reisenzahn ist diesbezüglich optimistisch: „In 15 Jahren werden die Zimmer wahrscheinlich schon zwei Mal generalüberherholt worden sein, also in einem Top-Zustand. Außerdem ist fraglich, ob Rücklagen bei dem Verhältnis von Aufwand und Cashflow notwendig sind: Die Bilanzen sind in jedem Fall top. Das Konzept hat Zukunft, weil es mit einer klaren Positionierung verbunden ist, nachgefragt wird und sich rechnet.“ Der ÖHV-Generalsekretär ortet eher in anderen Feldern Handlungsbedarf, und zwar in der Politik und hier dezidiert im Steuerrecht: „Der Gesetzgeber setzt den Investitionsrhythmus für die Hotellerie via Abschreibung für Abnutzung mit 33,3 Jahren fest. So lange kann niemand warten, bis er Bäder, Duschen oder Wellnessbereiche ersetzt.“ Und Reisenzahn hält auch gleich einen Vorschlag bereit: „Um die Entscheidungsfindung zu erleichtern, sollten die zuständigen Politiker einmal eine Woche lang 33 Jahre alte Nassräume benutzen müssen. Dann würde sich das sehr rasch ändern… «

Artikel von Erika Hofbauer (Immobilien Magazin)

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